SMK -02- Canes vs Crocodiles

The Kick-Off:

Realität ist manchmal brutal. Ich merke dies immer, wenn ich aus meiner „alle-Menschen-sind-gut-und-intelligent“-Blase trete und z.B. Kommentare im Spiegel Online Forum oder noch schlimmer unter KN Artikeln lese. Realität kann aber auch befreiend sein. Man wird befreit von zu großen Erwartungen, Tagträumen und Hoffnungen. Das Spiel gegen die Cologne Crocodiles war ein befreiend brutaler Kick in die Magengrube. Nicht leicht zu verdauen und ganz schön schmerzhaft und doch mit der Gewissheit, dass der nächste Schlag nicht unerwartet kommt. Als Canes-Fan konnte man sich sieben Tage im Glanz des großartigen Sieges gegen Düsseldorf sonnen. In der Realität angekommen ist man aber nach der Niederlage gegen Köln. Was nichts schlimmes sein muss.

Canes vor dem Einlauf (Bild © Stefan Stuhr)

Als Benedikt Englmann zum ersten Touchdown für die Canes in die Endzone der Crocodiles einlief und dabei seinem Verteidiger noch ein paar „nette“ Worte mitgab, lag man leider schon 7-21 zurück. Trotzdem zeigte dieser Drive, was mit diesem Team alles möglich ist. Denn man hatte den Ball nach einem Foul an der eigenen 9 Yard-Linie übernommen und dann methodisch die Kölner Verteidigung auseinander genommen, gekoppelt mit einem langen Pass auf Lukas Rehder. Kurzzeitig war die Stimmung im Stadion deutlich besser und man spürte so etwas wie Hoffnung. Acht Spielzüge später stand es 7-28 und die Sache war dann wirklich durch.  Doofe Realität.

Nette Worte zum TD (Bild © Stefan Stuhr)

Leider ist die junge Defense immer noch am Lernen. Spieler wie Louis Müller, Moritz Hausberg und Felix Meintz müssen noch GFL-Erfahrung sammeln, stehen aber gleichzeitig als Starter bereits unter einem gewissen Druck. Wenn man dann auch noch den besten Defensive-Spieler (Darin Hungerford) im zweiten Viertel durch einen fraglichen Targeting-Call (ja, es war Helmet-to-Helmet-Kontakt aber ein Targeting war es aus meinem Sichtwinkel ganz klar nicht) verliert, hilft das alles nicht. Das Unvermögen 3rd Down und kurz (oder auch 4th Down) zu stoppen sollte möglichst schnell behoben werden. Auch wenn ich hier nochmal Schiedsrichterschelte betreiben muss: 2x habe ich beim Ballspott zu einem neuen 1st Down „lächerlich“ in meinen Notizen stehen. Realität kann manchmal auch von anderen Augen abhängen.

Felix Meintz (Bild © Stefan Stuhr)

Trotz der deutlichen Niederlage kann man aber auch die positiven Dinge sehen. Das Team ist zu keinem Zeitpunkt auseinander gefallen, zwar gab es mal wieder einige unnötige Fouls, aber bei einigen Teams der vergangenen Jahre hätte ein solches Spiel zu mehreren Platzverweisen mit längeren Sperren geführt. Am Ende konnte man sogar den Rückstand etwas verkleinern und damit den Spielstand etwas erträglicher machen. So geht man zumindest nicht demoralisiert auf die Reise zum ersten Auswärtsspiel bei den Berlin Rebels am kommenden Sonntag. Wieder kein leichter Brocken, aber auch kein unbesiegbarer Berg. Danach kann die Realität wieder eine vollkommen andere sein. Denn das ist das Schöne an ihr: Es liegt an uns, sie zu ändern.

Bring it on (Bild © Stefan Stuhr)

Booming Punts:

Timo Gross ist zurück. Und vielleicht habe ich sogar einen kleinen Anteil daran. Also, wirklich Minimalst. Ich werde da recherchieren. Eventuell. Oder mich einfach in dem Glauben leben lassen und allen davon erzählen. Ich schwanke da noch etwas.  Vor dem Spiel hatten er und Benedikt Englmann ein Kick-Out beim Warm-Up. Ich sag mal so: Gut waren beide nicht. Leichter Vorteil für Benedikt bei Länge. An Treffsicherheit wird noch gearbeitet wurde mir zugesichert. Beim Punten hat Timo einige schöne Kicks losgelassen, sehr viele rutschten ihm aber über den Fuß und gingen weit nach rechts. Louis Müller übernahm das Punten dann auch im Spiel, und machte einen deutlich besseren Job als zuletzt. Jetzt müssen noch die Snaps Simon Wilken ankommen und ich kann wieder in Ruhe schlafen.

Timo Gross (Bild © Stefan Stuhr)

Grandiose Entscheidung von Timo Zorn bei 1:06 zu spielen und nach einem Kneel-Down von Köln eine Auszeit zu nehmen. Das Szenario: Kiel hat noch eine Auszeit in der Hinterhand, Köln hat ein 2. und 12. Köln realisiert, dass man mit Kneel-Downs die Uhr nicht ganz auslaufen lassen kann und stellt wieder um und called einen Run. Fumble, Ballbesitz Kiel. Ja, es machte keinen Unterschied mehr, man konnte mit dem Ball nichts anfangen usw. Aber: In einem anderen Spiel steht es vielleicht nicht 28:48, sondern 20:20 oder 31:34. Lustige Anekdote dazu in der Sektion „In their own words“.

Es ist immer sehr schwer ein Football-Spiel zu gewinnen, wenn man mehr Turnovers hat als der Gegner. Der Fumble von CJ Davis nach einem guten Return war ein echter Genickbrecher. Dann noch die unnötige Interception von Jake Purichia, der einen eigentlich freien Lukas Rehder deutlich unterwarf. Dazu kamen aber 2 Picks, die man der Defense hätte machen können. Dadurch wäre die Offense wieder mehr auf dem Feld gewesen, die Defense hätte mehr Zeit zum ausruhen gehabt usw usw. Alles kleine Stellschrauben, an denen man noch arbeiten muss. Aber auch dies sind Dinge, die noch behoben werden können. Und manchmal muss man bei sowas auch einfach nur etwas mehr Glück haben.

Stimmung war trotzdem gut (Bild © Stefan Stuhr)

Quick Kicks:

  • Wetter war perfekt. Sogar mir war nicht kalt. In der Sonne soll es sogar warm gewesen sein, wurde mir zugetragen.
  • WR Nate Hodapp machte seinen ersten Start. Spiel 1 hatte er verletzt verpasst, in Spiel 2 spielte er sporadisch.
  • Laufspiel läuft weiter. Touchdowns von Julian Ampaw (2) und Fritjof Richter, dazu Daniel Reinhardt wieder als Starter.
  • 2 Point Trys bleiben ein heiße Sache. Man ist jetzt 3 von 4 in dieser Saison.
  • Kwame Ofori fehlte verletzt, Henrik Wolk ist wohl aber kommende Woche wieder fit.
  • Hot-Dog Count: 2
  • Gutes Wetter, gute Stimmung: Knapp 2.000 Zuschauer im Stadion, die trotz der Niederlage das Team gut unterstützen.
  • Die Cheerleader waren diesmal mit den jüngeren Teams da. Ich glaube, es ist gerade eine Meisterschaft irgendwo. Seit ich nicht mehr fotografiere bekomme ich ja nichts mehr mit…
  • Danke an Stefan für die Bilder. Checkt mal seinen Canes Acccount bei IG.
  • Was mir noch fehlt: Windfähnchen auf den Goalposts. Bei dem starken Wind gestern sicher nicht uninteressant. Und die Fahnen oben auf der Tribüne spiegeln leider nicht immer den Wind auf dem Spielfeld wieder.
  • Family Reunion: Einige Imports hatten gestern ihre Eltern im Publikum. Welcome!
  • Den Spielbericht der Canes findet ihr hier.
Go Canes (Bild © Stefan Stuhr)

In their own words:

„Da hat keiner mehr ein Headset auf. Ich könnte die höchstens anrufen.“

Kölner Coach hinter mir leicht panisch nach dem Fumble kurz vor Schluß.

„Wir werden das Spiel für Darin gewinnen.“

Moritz Hausberg zum Spiel gegen Berlin.

„Alle Fehler die wir heute gemacht haben, sind Fehler die wir korrigieren können.“

Benedikt Englmann.

„If I did do it, I’ll accept it, but at that moment I honestly don’t feel like it was the right call. The biggest thing for me is I just feel I let my teammates down.“

Darin Hungerford über den Targeting-Call.


Perfect Hold:

Mehr verrückte Geschichten vom Ende der AAF? Conor Orr hat nachgelegt. Und zwar gleich doppelt. Teil Eins gibt es hier, Teil Zwei folgt hier.

Die XFL kommt im nächsten Jahr zurück und hat wohl aus den Fehlern der AAF gelernt. Hofft man jedenfalls. Alle Head-Coaches sind nun bekannt. Mit Jim Zorn (no relation), Marc Trestman und Kevin Gilbride sind drei ehemalige NFL Cheftrainer dabei. Gespielt wird in Dallas, New York, Chicago, St. Louis, Houston, Washington, Seattle, Los Angeles und Tampa Bay. Namen und Logos der Teams werden noch bekannt gegeben.

Our Man, Thiadric Hansen, in Canada. Go Blue Bombers!

Das Kompetenzzentrum für Football (aka #ranfootball) berichtet über die Deutschen in der NFL.

Special Teams Only:

Chris Boswell von den Steelers hatte letztes Jahr keine gute Saison. Sein Roster Bonus wurde daraufhin (einvernehmlich) zum ersten Spiel der regulären Saison verschoben. Geld gibt es also nur, wenn er die Preseason übersteht.

Und noch zwei Nachholer: Sebastian Janikowski hat seinen Rücktritt erklärt. Und Robbie Gould muss bei den 49ers bleiben. Kevin Butler (Ex-Kicker der Bears) sagt: Gut so!

Kicked somewhere else:

Ich bin ja ziemlich fett. Zum Glück lebe ich nicht im 17. Jahrhundert. Da hätte man nach meinem Tod das Fett extrahiert um damit Kranke zu behandeln.

Der west-afrikanische Staat Benin galt lange als Musterdemokratie. Wie ändert man sowas: Gebühr für Aufstellung zur Wahl um 1500% erhöhen und 10%-Hürde einführen. Läuft.

Punted to a Podcast:

Eine Story, die ich mich ewig fasziniert hat: Die Hitler-Tagebücher. Nicht, weil ich interessant finden würde, was er geschrieben hätte, sondern wie eine so abwegige Geschichte von so vielen intelligenten Leuten geglaubt werden konnte, dass sie in einem respektablen Magazin erscheinen konnte. Der Stern selber will 35 Jahre später etwas aufklären, und hat mit „Faking Hitler“ einen Podcast zum Thema veröffentlicht. Leider kommt mir das Thema, wie es der Fälscher Kujau schaffen konnte alle zu überzeugen etwas zu kurz. Aber spannend ist es trotzdem, insbesondere da Reporter Gerd Heidemann alles auf Tonband aufzeichnete und man viele Originalgespräche hört.

The Science of Kicking (and Punting and everything else):

Impfgegner haben in meinen Augen ja einen an der Klatsche. Aber es gibt tatsächlich immer neue (bescheuerte) Ideen sich zu drücken. Jetzt ist das Gen MTHFR dran. Gibt zwar keine wissenschaftliche Studie oder auch nur sonst einen Ansatz für einen Zusammenhang, aber das war denen ja schon immer egal (siehe Autismus durch Impfen).

Wo wir gerade bei einen an der Klatsche haben sind: Alte, reiche, weiße Männer wollen nichts mehr vom Klimawandel hören. Ist kein Problem wenn man in 10-20 Jahren ohnehin tot ist. Die Enkel werden es danken.

Und mal was beruhigendes (zum Teil): Das essen von einem Ei am Tag erhöht nicht das Risiko einen Schlaganfall zu bekommen. Die Autoren betonen aber, dass mehr Forschung nötig ist. Erschreckend ist eher, dass immerhin 11%  aller Teilnehmer der Studie einen Schlaganfall erlitten haben.

This Kick is presented by…

Letzte Woche gab es ein gutes Buch als Empfehlung, heute gibt es ein mittel-gutes Buch. Super Bowl Champion Sebastian Vollmer hat seine Geschichte vom Schwimmer in die NFL aufgeschrieben* (bzw. Dominik Hechler erzählt und der hat es dann aufgeschrieben). Wer fachlich irgendwas Interessantes lesen will, ist hier leider falsch. Im Stakkato-Stil wird beschrieben, wie Vollmer es schaffte zur wichtigen Säule in der O-Line der Patriots zu werden. Einzig die ehrlichen Worte über die Verletzungen haben sich mir dauerhaft eingeprägt. Vorteil: Man hat die knapp 200 Seiten locker an einem Nachmittag durch.

Meine Frau und ich sind begeisterte Abonnenten der New York Times Cooking Seite. Leider sind da alle Angaben in obskuren Einheiten wie „Cups“ bemessen. Die ganze Welt kennt Meter und Liter, nur die USA messen alles in Fahrenheit pro Fuß und ähnlichem. Zum Glück konnte uns geholfen werden*.

Long Snap Good-Bye:

“My rhymes are so potent that just in this segment I made all of the ladies in the first rows pregnant.”

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